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Pink Diamond Princess- Folge 10


Die Beerdigung war für Ariane überwältigend. Im Leben hatte sie noch nie so viele Menschen auf einmal gesehen. Cassian hatte alles vorbereitet, liebevoll durchgeplant bis ins Detail. Selbst die königliche Familie hatte an der Trauerzeremonie teilgenommen und ihrem Vater die letzte Ehre erwiesen.

Das Stadthaus brummte vor geladenen Gästen, die beim Trauerschmaus den Brüdern ihr Beileid bekundeten.

„Ari, komm mit. Ich würde dich gern dem König und Prinzessin Rose vorstellen“, sagte Cassian und zog sie mit sich. Völlig überrumpelt stammelte sie ihm etwas entgegen, aber da war es bereits zu spät.

Beide verbeugten sich tief vor dem König, der Cassian bereits erwartet hatte und ihm die Hand reichte. Cassian kniete mit einem Bein vor dem Herrscher und küsste den Siegelring an seiner rechten Hand.

„Mein herzliches Beileid, Lord Callus. Mit Maximilian habe ich einen wertvollen Freund verloren. Ich hoffe, wenn die Zeit gekommen ist, werde ich ihn wiedersehen“, sagte der Monarch, dessen Augen sich mit Tränen füllten. „Es war furchtbar, meinen Freund so lange in einem solchen Zustand zu erleben.“

„Ich danke Euch, Eure Majestät, für die gütigen Worte. Mein Vater schätzte Euch sehr. Ich … bin dankbar, dass sein Leidensweg nun zu Ende ist“, antwortete Cassian und legte Ariane einen Arm auf die Schulter.

Der König lächelte traurig und sein Augenmerk fiel auf sie. „Lord Callus, wollt Ihr uns vorstellen? Ich glaube, Euch bin ich bislang nicht begegnet.“ Er begutachtete sie von Kopf bis Fuß, was sie völlig steif werden ließ.

Ariane sah mit hochrotem Kopf zu Boden und kniete mit einem Bein nieder, so wie Cassian es vor ihr getan hatte. „Mein Name ist Adrian Callus, Eure Majestät.“

„Mein Bruder ist in Amréne aufgewachsen. Ich hatte leider keine Möglichkeit, ihn eher nach Ethera zu holen. Meine Mutter verfügte bis vor Kurzem noch über die Vormundschaft meines Bruders“, erklärte Cassian, dessen Stimme zum Schluss hart klang.

„Willkommen in Ethera, Sir Adrian. Es ist zwar ein herzzerbrechender Anlass, aber ich hoffe, Ihr könnt Euch hier bald einleben.“

„Ich danke Euch, Eure Majestät!“, erwiderte Ariane zittrig.

Prinzessin Rose hatte bisher kein Wort von sich gegeben. Sie betrachtete Ariane mit großen Augen. „Ich muss zugeben, Sir Adrian, ich bin entzückt, endlich meinen zukünftigen Schwager kennenzulernen! Lord Cassian hatte mir berichtet, wie klug und fleißig Ihr in Amréne wart. Mit keinem Wort hat er erwähnt, wie atemberaubend schön Ihr seid. Ich weiß, dass es vielleicht nicht allzu schmeichelhaft für einen jungen Mann ist, ein solches Kompliment von einer Dame zu erhalten, aber ich bin völlig überwältigt von Euch!“

„Ari, ich möchte dir gern meine Verlobte vorstellen, Prinzessin Rose“, ergriff Cassian das Wort.

Ariane blickte zwischen den beiden hin und her und bemerkte erleichtert, dass ihr Bruder seine Verlobte mit einem warmen Lächeln ansah. Sie hatte gehofft, dass Cassian seine Wahl mit seinem Herzen trifft und nicht nur aus politischem Kalkül, wie einst seine Mutter und ihr Vater. Die Prinzessin strahlte ihn ebenso an und sie war sich sicher, dass beide sich sehr zugeneigt waren.

„Es ist mir eine große Ehre, Eure Majestät. Bitte, Eure Schönheit ist über das ganze Land gepriesen. Ein solches Kompliment kann ich gemessen an Euch nicht annehmen.“ Ariane verbeugte sich tief vor der Prinzessin und küsste auch ihre Hand.

„Ich hoffe, dass wir uns in Zukunft oft sehen werden, Sir Adrian“, erwiderte die Prinzessin mit einem leichten Lächeln und verabschiedete sich mit ihrem Vater zu den anderen Gästen.

Cassian streichelte ihr über den Kopf und lächelte verhalten. „Das hast du gut gemacht, Ari. Prinz Nikolas hat mir mitgeteilt, dass mein Antrag zur Aufnahme auf der königlichen Akademie für Wissenschaften für dich vom König persönlich genehmigt worden ist. Bist du dir wirklich sicher, dass du das tun willst?“

„Das hast du tatsächlich für mich getan?“, rief Ariane mit weit aufgerissenen Augen und einem breiten Grinsen. Sie zitterte am ganzen Körper und hielt sich bei Cassian am Jackett fest.

Cassian nickte. „Natürlich. Aber ich verstehe immer noch nicht, warum gerade als Adrian. Wäre es nicht leichter für dich, wenn du …“, fragte er leise, sodass nur Ariane ihn verstehen konnte.

Sie schüttelte heftig den Kopf und sah ihn flehend an. „Vertrau mir, Cassian. Ich werde dich nicht beschämen.“

„Das könntest du nie! Ari, glaub mir! Das nächste, was wir tun werden, ist dir ein Haus in der Nähe der Akademie zu suchen. Du kannst unmöglich ins Wohnheim ziehen! Und das Stadthaus ist für den täglichen Besuch der Bibliothek und der Akademie zu weit weg. Außerdem werde ich bald nach Damars aufbrechen, um meiner Mutter einen kurzen Besuch abzustatten. Viele werden erwarten, dass du sie meiner statt empfangen wirst, und ich möchte dir das nicht zumuten. Ein eigenes Zuhause hier in Ethera wird dir helfen, dich einzuleben. Was meinst du?“

Sprachlos packte Ariane Cassian und umarmte ihn fest.

Das erste Mal seit langer Zeit flossen Tränen des Glücks über ihr Gesicht.

 

„Du willst damit sagen, ich soll das Kindermädchen deines Bruders spielen?“ Cerim musterte Cassian mit hochgezogenen Brauen.

„Mein Bruder braucht kein Kindermädchen, Cerim. Er braucht jemanden, der ihn etwas auf der Akademie und in der Stadt herumführt. Ich fühle mich nicht wohl bei dem Gedanken, ihn gerade jetzt allein in Ethera zu lassen, aber ich habe wichtige Angelegenheiten mit meiner Mutter zu klären und Adrian freut sich so sehr, gleich mit der Akademie beginnen zu dürfen. In zwei Tagen hat er seinen Einstufungstest und den möchte er auf keinen Fall verpassen, sonst hätte ich ihn mit mir nach Damars genommen. Ich bitte dich lediglich, ein Auge auf ihn zu werfen und ihm die Stadt zu zeigen.“

Cerim nahm einen Schluck seines Brandys und nickte nach außen teilnahmslos. In seinem Inneren kämpften Verstand und Bauchgefühl miteinander. Natürlich konnte er ein „Auge auf ihn werfen“. Was Cerim jedoch Magenschmerzen verursachte, war die Tatsache, dass er seine Augen nicht von ihm abwenden konnte. Der Abstand der letzten Woche war ihm sehr willkommen, dennoch konnte Cerim nicht aufhören, an ihn zu denken. Er war gefangen. Gefangen in der Freude, diese wunderschönen Augen wiederzusehen und dem Gefühl, dass dieses Wiedersehen ihn in die Hölle befördern könnte. Cerim konnte Cassians Wunsch nicht ohne triftigen Grund ausschlagen. Es sind nur ein paar Stunden! Sei nicht töricht. Er bedeutet dir nichts!

Verhalten willigte er ein und versprach Cassian in seiner Abwesenheit nach Adrian zu sehen.


 

Der Tag des Einstufungstests nahte heran und Ariane stand wie angewurzelt vor den Toren der Akademie. Wachen waren am Eingang postiert. Mit glühenden Wangen und einem kleinen Koffer bewaffnet versuchte Ariane den Mut für ihre nächsten Schritte aufzubringen.

„Mylord, seid Ihr Lord Adrian Callus?“, fragte ein Mann, der durch das Tor marschierte und mit einem Lächeln auf sie zukam. Er trug einen schwarzen Anzug, eine Brille mit dicken Gläsern. Sein spitzgezwirbelter Schnurrbart sowie seine Schläfen waren ergraut.

„Das bin ich, Mylord.“

„Ha, herzlich willkommen! Wir alle haben Eure Ankunft sehnlichst erwartet. Prinz Nikolas war voll des Lobes für Euch! Mein Name ist Professor Hudgens. Wie ich hörte, war Master Theodor Euer Lehrer? Ich habe meinen alten Freund schon lange nicht mehr gesehen! Wie geht es ihm?“

„Er ist glücklich, wenn er seine Zeit in den Minen verbringen kann“, antwortete sie lachend.

Der Professor führte sie zum Akademiegebäude und in einen großen Hörsaal, der fast leer war. Auf der Freifläche waren zwei Tische aufgebaut. Zwei weitere Professoren saßen an einem der großen Tische und beobachteten ihr Eintreten mit großen Augen.

„Wir sind schon sehr gespannt, was wir von Ihnen erwarten können, Sir Adrian. Lassen Sie uns beginnen“, sagte er und wies Ariane zu dem verbleibenden Tisch.

Ariane atmete tief durch und nahm Platz. Sie durfte nicht versagen.


 

Die Gerüchteküche in der Akademie brodelte. Überall hörte Cerim Adrians Namen fallen und alle waren angesichts der ersten perfekt gelösten Prüfung in Aufruhr. Noch nie hatte ein Student den Einstufungstest komplett korrekt gelöst. Adrian konnte sich nun direkt in die Abschlussklasse der Akademie versetzen lassen, wenn er das wünschte.

„Ich habe gehört, er soll ein mädchenhaftes Gesicht haben und die Statur eines kleinen Knaben. Vielleicht hatten die Professoren Mitleid mit ihm?“

„Der Kronprinz soll ihn selbst vorgeschlagen haben! Vielleicht haben sie ihn deshalb bevorzugt behandelt?“

„Aber die volle Punktzahl in der Prüfung? Das halte ich dafür zu übertrieben! Was ist, wenn er wirklich ein kleiner, mickrig geratener Zwerg ist, der nichts anderes als Bücher kennt?“

Die Gänge waren voll von neidischen und hämischen Kommentaren der Studenten. Adrian würde es nicht leicht haben. Als Cerim hörte, dass einer vorhatte, Adrian dafür eine Abreibung verpassen zu wollen, blieb er abrupt stehen und starrte auf den Emporkömmling eines einfachen Grafen hinunter.

„Lord Moreno! Welche Ehre, Euch auf dem Akademiegelände zu treffen. Mein Vater hat erst vor Kurzem Eurem einen Besuch abgestattet. Wie geht es Euch, Mylord?“, sagte Graf Lamar und verbeugte sich tief.

Cerim kochte vor Wut und sah mit zusammengekniffenen Augen auf ihn hinunter. „Wie habt Ihr Lord Adrian Callus gerade genannt? Wisst Ihr nicht, was man mit Männern macht, die ihren Platz nicht kennen? Als einfacher Graf den Namen Callus so sehr in den Dreck zu ziehen? Sein Vater war des Königs engster Freund. Lord Cassian wird des Königs Schwiegersohn. Achtet auf Eure Worte! Das nächste Mal hütet Eure Zunge, sonst reiße ich sie Euch persönlich heraus“, drohte Cerim und die Ernsthaftigkeit sowie Kälte seiner Stimme ließ den ganzen Gang verstummen.

„Mylord, das war niemals meine Absicht. Bitte verzeiht mir!“, stotterte Lamar und stolperte zurück.

Cerim überragte den Grafen um mehr als eine Kopflänge und stellte sich vor ihm auf. „Das will ich hoffen, Lord Lamar. Lasst dies meine erste und letzte Warnung gewesen sein.“ Er hatte genug gehört und wandte sich ab, um Adrian direkt vor sich zu finden. „Nach dir habe ich gesucht!“ Augenblicklich verstärkte sich sein Groll gegenüber Lamar um ein Vielfaches, als er sah, dass Adrians Augen mit Tränen gefüllt waren.

„Lord Cerim“, hauchte Adrian und kämpfte mit roten Wangen und offenen Mund um seine Fassung.

„Ich nehme dich für eine Führung mit. Dein Bruder hat Horizon in den königlichen Ställen unterbringen lassen. Sie grenzen gleich an das Gelände der Akademie. Möchtest du ihn sehen?“

„Horizon ist da?“, japste er und sein Gesicht strahlte wie die Sonne vor Freude.

Cerim legte ihm den Arm um die Schulter und behandelte ihn vor allen Anwesenden wie einen engen Freund. Adrian versuchte sich aus seinem Arm zu lösen, doch er ließ das nicht zu. Viel zu sehr genoss er den warmen, weichen Körper an sich geschmiegt zu haben und den lieblichen Duft, den er absonderte. Nur heute, sagte sich Cerim. Nur ausnahmsweise lasse ich ihn so nah an mich und dann werde ich wieder Abstand nehmen. Verdammt! Warum machen sein Geruch und sein Lächeln mich völlig verrückt?


 

Ariane konnte nicht atmen. Aber diesmal lag es nicht an der zu engen Korsage an ihrem Körper, die jede Rundung von ihr im Leder versteckte. Nein, es lag an Cerim, der sie nicht loslassen wollte. Egal wo er sie berührte, hinterließ er ein Prickeln. Sein sauberer, nach Lavendel riechender Duft lullte sie ein und seine Wärme umschloss sie wie ein Wattebausch. Sie konnte die fiesen und gehässigen Kommentare ihrer Kommilitonen nicht mehr hören, wenn sein Arm um ihre Schulter lag. Dennoch konnte sie es nicht ignorieren, wie winzig sie im Vergleich zu seiner Statur wirkte und wie lächerlich es vor den anderen aussehen musste.

„Einer meiner Ritter begleitet dich ab morgen auf dem Campus. Solange Cassian verreist ist, werde ich mich um dich kümmern, also versuch nicht, es mir auszureden.“ Cerim ließ seinen Blick über das Gelände schweifen. Nein, das würde er sich definitiv nicht ausreden lassen. Adrian sah mit gerunzelter Stirn zurück zu den tuschelnden Studenten, die ohne Hemmung die beiden anstarrten. „Nimm es dir nicht zu Herzen. Die meisten hier verstecken sich hinter irgendeinem Titel ihres Vaters und interessieren sich kaum mehr als um Ländereien und ihre Apanage und wie sie die am besten in Freudenhäusern loswerden können. Du kannst stolz auf dich sein. Ignorier sie einfach. Falls es zu Schwierigkeiten kommen sollte, komm zu mir. Ohne zu zögern, Adrian.“ Streng sah er ihr in die Augen und wartete auf ihre Reaktion. Ihr blieb die Luft im Hals stecken und Arianes Herz war in der kurzen Zeit stehen geblieben.

War das sein Ernst?

„Was? Das ist doch überhaupt nicht nötig, Mylord. Ich komme ganz sicher ohne einen Aufpasser klar. Außerdem ist das auf dem Akademiegelände nicht erlaubt, oder?“, ächzte sie. Ihre Gedanken rasten! Was, wenn ihr ein Fehler unterlief, während sie von dem Ritter begleitet wurde? Wie schnell wüsste dann Lord Cerim, dass sie kein Mann war? Sie würde unmittelbar von der Akademie geworfen werden!

„Das ist unverhandelbar. Überlass das mir, ich werde mit Professor Hudgens sprechen. Er schuldet mir etwas. Cassian hat gesagt, dass du in der Nähe der Akademie ein Haus bezogen hast? Warum wohnst du nicht auf dem Campus?“, fragte er und musterte sie mit hochgezogenen Augenbrauen. Die Farbe seiner Augen färbte sich in ein unnachgiebiges, eisiges Blau. Anscheinend mochte er es nicht, wenn jemand widersprach.

Ariane blinzelte verlegen. „Cassian wollte sichergehen, dass ich mich in Ruhe in Ethera einleben kann, und das Haus ist am anderen Ende der Stadt daher …“

„Hmm. Ich komme dich morgen um acht abholen. Frühstücke davor etwas. Ich meine es ernst! Ich kann deine Knochen durch das Hemd spüren, so dünn bist du.“

„Was? Mein Lord! Das ist wirklich nicht notwendig!“, protestierte Ariane.

„Gefällt dir meine Gesellschaft nicht? Hasst du mich etwa?“, fragte Cerim und der Spott in seiner Stimme war nicht zu überhören.

„Was? Nein! Euch hassen? Warum in aller Welt sollte ich Euch hassen?“, rief Ariane panisch. Cerim war ihr nicht verhasst. Eher im Gegenteil, er brachte sie durcheinander. Mehr als das – in ihr flammte etwas auf, das sie dringend im Keim ersticken musste, sonst würde ihr Herz in Trümmern liegen.

„Das freut mich zu hören. Frühstücken. Danach gehörst du für den Tag mir, Ari!“

Ariane schluckte schwer. Das konnte was werden!

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